Sex in der Bibel?

SIE: Küssen soll er mich mit den Küssen seines Mundes. Ja!
Gut ist die Liebe – besser als Wein
ER: Schön bist Du ganz und gar, meine Freundin, kein Makel ist an Dir. Deine Lippen sind wie eine scharlachfarbene Schnur und dein Mund ist lieblich. Deine beiden Brüste sind wie zwei Kitze, Zwillinge einer Gazelle, die unter Lotusblüten weiden.

Denn Liebe ist stark wie der Tod und Leidenschaft unwiderstehlich wie das Totenreich. Ihre Glut ist feurig und eine gewaltige Flamme. Viele Wasser können die Liebe nicht auslöschen noch die Ströme sie ertränken. Wenn einer alles Gut in seinem Hause um die Liebe geben wollte, würde man ihn verspotten.

In der Mitte der Bibel stehen diese Worte, im Hohelied der Liebe – ein Text, wo es um die Liebe zweier Menschen geht, die offensichtlich nicht verheiratet waren. Und die körperliche Liebe ist hier nicht Laster, sondern eine Blüte, ein Ausdruck der Lebendigkeit, eine Form der Liebe, die es sich zu besingen lohnt.

Hohelied der Liebe

Sex und Glaube

Was hat die Sexualität für eine Kraft! Die meisten von uns wissen es und  haben es selber erlebt und auch ausgelebt. Alle guten Ratschläge und Sorgen meiner Eltern habe ich damals in den Wind geschlagen, die sexuellen Bedürfnisse loderten zu hoch sie waren einfach so überwältigend – gut, dass es schon gute Verhütungsmittel gab.

Im 1. Testament steht es, Jesus hat es zitiert: „Darum wird ein Mann Vater und Mutter verlassen und an seiner Frau hängen, und die zwei werden ein Fleisch sein« (2. Moses 2, 24 und im Neuen Testament – im Evangelium nach Matthäus, 19,5).

Die Lust gehört zum Leben – und welche Energie und auch Freiheit sie bringt – und manchmal welche Not, Scham und Schmerz.

Diese Sexualität gehört zum Erwachsen – Sein – den Umgang damit, liebevoll, mit sich selber und der Respekt trotz oder wegen allen Feuers vor dem Gegenüber – das lernen wir nicht von heute auf morgen.

Und: Bei mir hat es mehr gebraucht als Vorschriften, Einengungen und das Verdammen der Sexualität um einen guten Umgang damit zu haben – und sie richtig genießen zu können.

Hier auf dieser Seite geht es um andere Perspektiven:

Gehören Glaube und Sex zusammen? Und wenn ja: Wie? Oder schließen sie sich aus? Darf ich als gläubiger Mensch Spaß beim Sex haben? oder ist der Unterkörper tabu  und muss dann am Besten zölibatär (=kein Sex mit anderen, keine Ehe, keine Kinder)l eben?

Was hat die Beziehung zu dem göttlichen Geheimnis mit meiner Sexualität zu tun?

Im Höhepunkt auch Gott erfahren?

Hat Gott uns nicht gerade für dieses Leben – in dieser Welt – mit einem Körper und der Fähigkeit zur Sexualität beschenkt?

Sollten wir diese Gabe dann nicht auch mit Freude annehmen? Ist es nicht geradezu wesentlich, einen heilsamen, bewussten Umgang mit unserer gottgegebenen Sexualität zu lernen und zu leben? Und einen verantwortungsbewussten?

Im Hohelied der Liebe klingt sie durch – diese unbändige Lebensfreude, die Begeisterung, der innere Tanz. Eine Lebendigkeit, die frei von Kontrolle ist.

Im Garten Eden, so erzählt die Geschichte von Adam und Eva, hatten die beiden zunächst keine Kinder – aber sie waren nackt, liebten sich … und ja, sie hatten vermutlich auch Sex.

Die spanische Mystikerin Maria de Cazalla (1487- ca. 1534) schrieb im 15. Jahrhundert, sie habe im Geschlechtsakt die Einheit mit Gott gespürt. Eine Erfahrung, die für die damalige katholische Kirche kaum zu ertragen war. Der Gedanke, dass der Ehestand – ja, sogar die Sexualität selbst – ein Weg zur Vollkommenheit sein könnte, wurde scharf abgelehnt. Maria de Cazalle wurde heftig angefeindet. Und doch hat sie etwas ausgesprochen, das vielen intuitiv vertraut ist: In der Sexualität steckt nicht nur Kraft, sondern auch mögliche spirituelle Tiefe.

Sex und Glaube

„Das Christentum gab dem Eros Gift zu trinken.
Er starb zwar nicht daran, entartete aber zum Laster.“

– Friedrich Nietzsche

Als ich diesen Satz zum ersten Mal hörte, war es, als hätte jemand in Worte gefasst, was ich längst gespürt hatte. Sexualität ist überall – in Werbung, in Witzen, in Gesprächen. Und doch haftet ihr oft etwas Unreines an. Besonders Frauen spüren das: Sie werden entweder idealisiert oder entwertet – Heilige oder Hure. Und nicht selten wird ihnen die Verantwortung für die Begierden anderer zugeschoben.

Über Jahrhunderte hinweg – und leider oft noch heute – wurde Sexualität von religiösen Institutionen als sündig oder gefährlich dargestellt. Im christlichen Kontext galt dabei häufig die Frau als Verführerin. Doch so einfach ist es nicht.

In Gesellschaften, in denen Frauen systematisch untergeordnet werden – sei es durch religiöse, kulturelle oder familiäre Normen – ist sexualisierte Gewalt oft nicht nur häufiger, sondern auch tiefer im System verankert. Studien zeigen: Patriarchale Strukturen sind ein zentraler Risikofaktor für geschlechtsspezifische Gewalt. Quelle: mehr lesen

Besonders konservative Strömungen neigen dazu, Lust und Liebe zu verdammen – als wären sie Gegenspieler des Glaubens. Doch ich glaube: Es ist genau andersherum.

Gott hat uns als sexuelle Wesen erschaffen – mit der Fähigkeit zur Nähe, zur Lust und zur Liebe. Nicht Gott hat die Sexualität verteufelt. Wir Menschen haben das getan.

„Oder wisst ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des Heiligen Geistes ist,
der in euch ist und den ihr von Gott habt?“

– 1. Korinther 6,19

Sexualität ist nicht nur ein ethisches oder theologisches Thema. Sexualität ist auch eine spirituelle Erfahrung – eine, die uns mit dem Leben, mit uns selbst und sogar mit Gott verbindet.

Liebe und Leidenschaft sind spirituelle Quellen.

Auch in der Sexualität lässt sich die Liebe Gottes erfahren. Das konnte nicht nur Maria de Cazalla.

Weil Sexualität häufig Gift zu trinken bekommen hat, ist es oft für uns schwierig, durch alle Vorurteile, Abwertungen, Scham hindurchzukommen und mit unserem Begehren und Begierden gut umzugehen. Egal, ob wir uns der Sexualität behutsam oder feurig nähern, ist es wichtig, dass sie zwischen gleichberechtigten Menschen Stattfindet. Und was diese dann vereinbaren, da hat sich niemand einzumischen.

Nicht erzwingen, sondern ein Nein respektieren, damit das Ja gelebt werden kann.

Sexualität und Spiritualität miteinander zu verbinden – das ist nicht nur möglich, sondern zutiefst bereichernd und – spannend!

In seinem Buch Deine Küsse verzaubern mich – Liebe und Leidenschaft als spirituelle Quellen. zeigt Pierre Stutz kraftvolle und zärtliche Wege, wie diese Verbindung gelingen kann.

Altes Paar zugewandt

Spiritualität als Liebeserfahrung

Mystiker*innen aller Zeiten haben beschrieben, wie sich Gottesnähe manchmal wie ein Liebesrausch anfühlt – ekstatisch, überwältigend, zärtlich. Johannes vom Kreuz, Teresa von Ávila, Mechthild von Magdeburg: Sie alle sprachen von Gott in der Sprache der Liebe.

Hier das bekannte Gedicht (1579) von Johannes vom Kreuz (1542-1591), spanischer Mystiker, Karmelit und Dichter.

Die dunkle Nacht der Seele

In Nacht an Sternen bloß,
von Liebesdrang gluhend ¨ zum Ziel gerichtet –
o wunderseliges Los! –
entging ich ungesichtet,
mein Haus in Stille lassend, tiefbeschwichtet.

Tief in des Dunkels Schoß,
verborgene Stufen langs, ¨ vermummt, umdichtet –
o wunderseliges Los! –
nachts, jedem Blick vernichtet,
mein Haus in Stille lassend, tiefbeschwichtet!

Geheim, in Zauberringen
der Dunkelheit, wo mich kein Blick erkannte,
wo ich nichts sah von Dingen
und nichts mir Strahlen sandte
als jenes Leitlicht, das im Herzen brannte!

Das lenkte mich, das brachte
mich besser als der Tag, der grell durchblaute,
zum Ziel, wo meiner harrte
er, der zutiefst Vertraute –
zum Ziel, wo ich nichts Scheinbares erschaute.

O Nacht, du holdgesinnte,
o Nacht, die holder als das Frührot wachte:
o Nacht, die mich Geminnte
zu dem Geminnten brachte,
die mich Geminnte*zum Geminnten machte!

*Minne mittelhochdeutsch für Liebe (vgl. Minnegesang)

Jugendliche halten sich an den Händen
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