Nächstenliebe
Ein Versuch der Annäherung
In der Bibel – sowohl im Alten wie im Neuen Testament- steht deutlich: „Liebe Deinen Nächsten wie dich selbst.“ Dies sei das zweite Gebot von Gott für die Menschen, den ersten, der Liebe zu Gott gleich. Hier ist die Bibel deutlich, mit der zentrale Punkt des Christentums. Nicht: Richtig/Falsch sondern: Nächstenliebe
Also: festgeschriebene, verordnete Nächstenliebe. Aber was bedeutet das für mein Leben? Und:
Wer ist mein Nächster?
Häufig lautet die Antwort, dass es der ist, der Hunger leidet oder Armut … das stimmt, aber diese Menschen sind meist doch weit weg.
Nächstenliebe – da möchte ich zu einer profaneren Sicht einladen.
Was ist eigentlich – mit meiner Partnerschaft, mit meiner Beziehung – mit KollegInnen und Nachbarn? Den Familienmitgliedern, der sprichwörtlichen Schwiegermutter, (die manchmal auch sehr lieb ist)? und den Kindern?
Die sind doch auch „mein Nächster“, sie sind meine nächsten Nächsten sozusagen.
Und die alle lieben? Wie mich selbst? Wie soll das gehen? So wird Nächstenliebe auf einmal nicht mehr so leicht oder nur etwas für die Kirche. Da kommt sie in den Alltag.
Ein erster Schritt, meine Nächsten zu lieben ist z.B. für mich, es nicht immer besser zu wissen (obgleich das ja hier so aussehen mag), sie nicht zu verurteilen. Und das ist schon total schwer. Mir hat ein buddhistischer Mönch einmal gesagt: Wenn Du denkst, du wärst erleuchtet, besuche deine Familie, dann weißt du, ob es stimmt. Und wenn Du dann wieder zurückkommst, bleibt dir nur die Übung, das Praktizieren. Jeden Tag neu.
Nächstenliebe heißt: Die anderen mit ihren Fehlern und auch guten Seiten zu sehen. Und üben, sie anzunehmen.
Und es heißt auch: Sich selber annehmen, den manchmal bin ich mir selber der größte Feind, nehme mich nicht wichtig oder ernst, sorge nicht für mich. Wie kann ich dann gut für andere sorgen, wenn ich nicht für mich sorge?
Wenn ich nur funktioniere, alles hektisch ist, wenn ich froh bin, dass der Tag um ist … dann bleibt für die Liebe kaum Zeit.
Nächstenliebe heißt wohlgemerkt nicht, sich nicht wehren oder andere nicht zu schützen – Nein. Wenn ich den anderen liebe, heißt das auch nicht, alles zu tun, was derjenige oder diejenige will. Der Ausdruck der Liebe ist nicht Wehrlosigkeit (Ich liebe ihn/sie eben, da kann ich doch nicht ….) Jesus hat die Menschen geliebt, aber er hat ihnen auch deutlich die Meinung gesagt.
Denn trotzdem und gerade deswegen darf ich deutlich sagen, was ich will oder nicht will. Ich kann, darf und muss Grenzen setzen und meine Wünsche äußern. Und es dem anderen auch sagen. Der andere muss auch seine Bedürfnisse äußern, denn sonst – kann ich ihm nicht helfen, sondern nur „liebevoll ansehen“.
Denn: Egal, wie sehr ich den anderen liebe oder der andere mich liebt, Telepathen sind wir nicht. Um verantwortungsbewusst miteinander umgehen zu können, müssen wir uns ausdrücken, formulieren, was unsere Wünsche sind. Denn riechen kann niemand die Wünsche und Bedürfnisse des Anderen.
Nächstenliebe ist verantwortungsbewusster, akzeptierender Umgang mit den anderen und mit mir selber.